No 2 – Wein & Gemüse – Soave rockt

Endlich geht es weiter: Mit Martin Kössler, einem speziellen Soave und schwarz-weißen Wurzeln. Guten Hunger!

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Der Wein zur Wurzel

Ela: Welchen Wein empfiehlst du zu den Schwarzwurzeln en Papillote?

Martin: Wir haben uns für einen eigenwillig komplexen Soave entscheiden: 2012 Soave Classico DOC »Vigne della Bra«, Veneto/Italien. Nicht von der Tanke um die Ecke, sondern aus der Hand von Bio-Winzer Filippo Filippi. Er wird aus reinsortiger Garganega gekeltert, spontan vergoren und lange auf der Vollhefe ausgebaut hat.

Ela: Warum gerade den?

Martin: Wein zur Schwarzwurzel muß einiges können. Bitterkeit und Süße wollen mit merkwürdig mehliger Textur unter einen Hut gebracht werden.  Filippo präsentiert einen Soave, wie man ihn hierzulande kaum kennt: Ungewöhnlich komplex im Bukett, würzig und doch fast neutral, animierend herb und bitter im Geschmack. Saftig spröde in einem Mundgefühl, das maßgeblich darüber entscheidet, ob der Wein zu diesem Gericht harmoniert oder nicht.

Ela: Was passiert noch? Wie verhalten sich die Aromaten zur Schwarzwurzel?

Martin: Das Geheimnis liegt in der sparsamen Verwendung des Honigs zur Schwarzwurzel. Etwas zuviel davon und der herbe Wein fliegt geschmacklich auseinander. Dient der Honig aber der Aromatik statt Süße, vereint der Soave von Filippo Filippi Gericht und Wein zu purem Vergnügen. Das Olivenöl, die Schwarzkümmelsaat, die Orangenschale und der Orangensaft dominieren das Gericht aromatisch, die entscheidenden Akzente setzt aber die Schwarzwurzel mit ihrer Struktur. Deren schwer zu beschreibendes Mundgefühl greifen wir mit dem Wein auf, der sich herb und bitter gibt in morbide aromatischer Struktur. Er greift die Aromaten im Gericht in einem Duft auf, der an oxidierte Apfel- und Birnenschnitten erinnert. Er greift sie aber auch im Geschmack auf, in dem man unter anderem kandierte Orange und Orangenschale meint erahnen zu können. Radikal setzt er auf Struktur und Würze in einem trockenen, cremig saftigen Mundgefühl. Er greift damit in die strukturelle Wechselwirkung zwischen der herb mehlig wirkenden Textur des Schwarzwurzel und deren ätherisch zitrusaromatischer Begleitung ein. Frucht und Aroma spielen für diesen Soave eine untergeordnete Rolle, ihm geht es um Spiel und Struktur, um das Zusammenspiel komplexer Wechselwirkungen im Mundgefühl. Gemüse fordert mehr als nur ein »geschmackliches« Verständnis von Wein, was Sebastian und mich immer wieder nach unkonventionellen Strukturen und Mundgefühlen im Wein suchen läßt. Genau darin liegt für uns der besondere Reiz der Kombination von Wein zu Gemüse.

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Das Rezept

Schwarzwurzeln en Papillote mit Schwarzkümmel und Orange

  • 1 TL Schwarzkümmelsaat
  • 1,2 kg Schwarzwurzeln
  • 1 unbehandelte Zitrone
  • 8 EL herbes Olivenöl
  • 50 ml Weißwein
  • 4 TL Honig
  • 1 unbehandelte Orange
  • Fleur de Sel oder Meersalz aus der Mühle
  • Außerdem: 4 Stücke Pergament- oder Backpapier (40 mal 35 cm)

Den Backofen auf 200-220 ° C (Ober-/Unterhitze) vorheizen. Schwarzkümmel in einer Pfanne ohne Fett rösten.

Die Schwarzwurzeln schälen. Dazu Handschuhe tragen, da der Saft sehr klebrig ist und sich schlecht abwaschen lässt. Die Schwarzwurzeln bis zur Verwendung mit dem Saft einer Zitrone und etwas Wasser bedecken.

Vier Pergamentstücke vorbereiten. Schwarzwurzeln längs halbieren oder vierteln. Dann in 2-3 Stücke schneiden. Die Wurzeln auf den Papierstücken verteilen. Mit Olivenöl, Weißwein und Honig beträufeln. Anschließend mit Fleur des Sel bestreuen.

Die Hälfte der Schwarzkümmelsaat in einem Mörser leicht zerstoßen und auf den Wurzeln verteilen. Mit einem Sparschäler 8 etwa 3 Zentimeter lange Stücke Orangenschale abschälen und darauf legen. Über jedes Päckchen wenig Orangensaft träufeln.

Pergamentpapier oben und an den Seiten sehr sorgfältig zusammenfalten. Die Päckchen müssen dicht sein. Mit einem Bindfaden gut verschließen. Päckchen nebeneinander auf ein Backblech legen. Auf der mittleren Schiene 35-40 Minuten backen. Schwarzwurzeln auspacken, mit dem Saft begießen und sofort servieren!

Tipp: Dazu passt frisches Weißbrot und cremiger Ziegenfrischkäse. Die Schwarzwurzeln schmecken warm, aber auch kalt als Salat. Dann sollte man sie aber nochmals mit Olivenöl, Zitrone und Salz abschmecken.

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Extra: Wissenswertes zur Wurzel

Martin: Die Schwarzwurzel ist trotz ihres unattraktiven, runzeligen Aussehens ein kleines Gesundheitswunder. Ihre weiße Milch enthält neben Bitterstoffen auch Inulin, einen für Diabetiker geeigneten Zucker, der wenig Glucose enthält, und sie steckt voller Allantoin, dem man nachsagt, die Zellerneuerung zu beschleunigen und die Wundheilung zu fördern, weshalb es in vielen medizinischen Salben Verwendung findet.

Der Zitronensaft bei der Verarbeitung der Schwarzwurzel hilft nicht nur die Finger sauber zu halten, er macht auch chemisch Sinn: Wegen ihres potentiell hohen Nitratgehalts sollten Schwarzwurzeln immer mit Zitronensaft verarbeitet werden, weil dessen Vitamin C die Bildung krebserregender Nitrosamine aus dem Nitrat blockiert.

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Torsten Goffin von „Allem Anfang“ hat Bio-Winzer Filippo Filippi besucht. Lesen!

 

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