Brat den Spargel, trink den Herist! Und los… Spargelsalat mit Wildkräutern, Tomate und Feta sucht dringend Begleitung! Martin hat eine Idee!
Der Wein
2013, »Rechnitzer Welschriesling«, Herist Wein, Südburgenland, Österreich
Ela: Wir essen Salat mit karamellisiertem Spargel, wilden Kräutern, Fetakäse und Balsamicodressing. Dazu trinken wir »Rechnitzer Welschriesling« von Dieter Herist. Was ist das für ein Wein?
Martin: Der Wein zu diesem Gericht? Leise und verhalten auf den ersten Blick. Fast langweilig wirkend. Man will schon weiterziehen, da macht sich der Wein doch noch bemerkbar, im letzten Moment sozusagen, durch ein Gefühl, das er im Mund auslöst, das berührt, weil es so ungewohnt ist. Dezent bitter, angenehm herb, aber dicht und seidig in der Haptik, würzig und frei von jeder Frucht. Ein Weisswein ohne Frucht. Riecht und schmeckt eher nach Stein, Erde, nassem Papier. Dafür wirkt er von der Nase bis an den Gaumen wie aus einem Guss. Unauffällig im Auftritt und leise, bescheiden, verhalten zurückhaltend, aber erstaunlich nachhaltig.
Ela: Martin, verräst du, was ein „Welschriesling“ ist? Und vor allem: Welcher Winzer steht dahinter?
Martin: Welschriesling! Das ist so ziemlich das Letzte, was der österreichische Weinkenner trinken würde. Welschriesling steht für Durstlöscher, harmlos banalen Weißwein, den man als sommerliche Erfrischung eiskalt serviert. Der junge Dieter Herist hat sich in Rechnitz, direkt an der ungarischen Grenze im Südburgenland, ausgerechnet dieser Rebsorte verschrieben. Sie ist seine Spezialität. Auf knapp 3 Hektar stehen seine sich einen Südhang hinaufschlängelnden Rebzeilen. Die bewirtschaftet er biologisch. Vergoren wird auf der wilden Hefe, lange läßt er seinen Wein auf der Vollhefe reifen und im Keller verzichtet er auf die üblichen »Korrekturmaßnahmen«. Naturwein im besten Sinne. Ein Welschriesling wie aus vorindustriellen Zeiten, mit der Strahlkraft und Präzision von heute. Deshalb springt dieser Wein nicht ins Gesicht, sondern schleicht sich von hinten an, beeindruckt mehr durch das Gefühl, das er im Mund auslöst, als dass er »schmecken« würde.
Ela: Und jetzt kommen Spargel und Wildkräuter, Brunnenkresse, Tomate und Fetakäse…
Martin: Bestens! Sanft in der Säure und herb in der Wirkung nimmt der Welschriesling von Herist die Herausforderungen dieses Gerichtes auf. Nicht auf der Suche nach Harmonie, sondern im Spiel der Gegensätze. So setzt er der Süße des Dressings samtige Fülle im Mundgefühl entgegen. Dem Salat mit Wildkräutern und Brunnenkresse (scharf und bitter), Kirschtomaten (süßlich, säuerlich) und Feta (salzig und laktisch) begegnet er mit dichter Substanz und herber Ausstrahlung und Wirkung, und die beiden bißfest gebratenen Spargel beantwortet er mit tiefgründiger Würze, prononcierter Bitterkeit und verbindender Saftigkeit im Mundgefühl. Ein vermeintlich »leiser« Wein, der unspektakulär beginnt und Aufmerksamkeit verlangt wie Kammermusik. In Verbindung mit dem Essen findet er dann aber zu einem Eigenleben, das ihn zum nachhaltigen Erlebnis macht; ersetzt er doch »Geschmack« durch vielschichtige physische Wirkung, was die Ingredienzien dieses Rezeptes von ihm fordern. Ungewohntes Weinerleben, das Gemüseküche noch spannender macht.
Ela: Vielen Dank und Prost!
Ein paar Worte zum Rezept
Der Frühling ist kulinarisch gesehen (und auch sonst) ein Traum. Man braucht nur zuzugreifen, rauszureißen und auf den Teller werfen. Dazu brät man sich ein paar schöne Spargelspitzen, bisschen Salz, bisschen Zucker, bisschen Zitrone dran. Aus drei (besten) Zutaten mixt man sich ein Dressing und fertig ist´s! Einfach, ja. Wie alle Rezepte dieser Rubrik, die immer versuchen, das Wesentliche herauszuarbeiten. Komplizierte Rezepturen brauche ich dafür nicht. Und warum auch? Warum nicht einfach schmecken, wonach der Spargel schmeckt? Wie der Löwenzahn sich anfühlt? Und was der Wein dazu anstellt? Das allein ist eine hochspannende Reise. Versprochen! (Immer vorausgesetzt, dass die Produkte stimmen… klaro!) Und jetzt viel Spaß!
Das Rezept
Karamellisierter Spargel mit Wildkräutersalat, Tomate und Fetakäse
4-8 Portionen
Zutaten für das Dressing:
- 3 EL alten Balsamicoessig
- 1/2 TL Honig
- 2 TL Senf
- Salz
- Frisch gemahlenen Pfeffer
- 4 EL Olivenöl
Für den Salat:
- 150 g gemischte Wildkräuter, alternativ Babyleaves
- 1 Bund Brunnenkresse
- 150 g Kirschtomaten
- 150 g Fetakäse
- 1/2 Baguette oder 2 Brötchen vom Vortag
- Salz
- 1 Bund weißer Spargel
- 2 Bund grüner Spargel
- 2-3 TL Zucker
- 2-3 EL frisch gepresster Zitronenaft
- Olivenöl zum Braten
Für das Dressing Balsamicoessig mit Honig, Senf, Salz und Pfeffer in ein Schraubglas füllen. Olivenöl dazugießen, Glas verschließen und solange schütteln, bis sich alle Komponenten verbunden haben. Beiseite stellen.
Wildkräuter und Brunnenkresse waschen und zum Trocknen auf einem Küchentuch ausbreiten. Kirschtomaten waschen. Fetakäse würfeln. Baguette oder Brötchen in sehr dünne Scheiben schneiden. 1 Esslöffel Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Brotscheiben darin goldbraun rösten. Leicht salzen und auf Küchenkrepp abtropfen lassen.
Weißen Spargel schälen und unten abschneiden. Vom grünen Spargel nur den unteren Teil schälen und ebenfalls unten abschneiden. Spargel in 4-5 Zentimeter lange Stücke schneiden. Dicke Stangen vorher längs halbieren.
1-2 Esslöffel Olivenöl in einer großen Pfanne erhitzen. Die Spargelstücke darin kräftig anbraten. Immer nur so viele gleichzeitig braten, dass die Spargelstücke nebeneinander liegen können. Sobald sie Farbe genommen haben, mit je einem Teelöffel Zucker bestreuen und 1 Minute unter Rühren weiterbraten. Mit etwas Zitronensaft beträufeln und 50 Milliliter Wasser angießen. Solange schwenken, bis die Flüssigkeit verkocht ist und der Spargel bissfest ist. Fertigen Spargel auf einem großen Teller oder einem Blech abkühlen lassen.
Erst kurz vor dem Servieren den Wildkräutersalat mit Spargel, Tomaten und Fetakäse vorsichtig vermischen und der Hälfte des Dressings marinieren. Brotchips darüber streuen und mit dem restlichen Dressing servieren. Guten Hunger!