Grillen war gestern – hier kommt „Watia“ für Veggies und Wurzelfreaks
Nein, wir sind nicht in Elspe. Auch nicht am Set von „Für eine handvoll Dollar“. Nein!!! Wir sind in Cusco, Peru. Und was wollen wir hier? Klar, essen. Auf der Suche nach authentischer Länderküche (wir kommen an anderer Stelle noch zur Frage, was das im Fall von Peru wohl sein mag) treffen wir nicht nur auf allerlei interessante Produkte, sondern auch die Herren Gabriel und Joshua, zwei nette Menschen, die hauptberuflich Pferde-Trecking anbieten. Gabriel ist der Chef und Geschäftsmann, Joshua, der drahtige Pferdeflüsterer. Nach einem nicht unanstrengenden, immerhin 2-tägigen Cross-Ausritt (autsch!) mit Joshua (unten im Bild), führt die Frage nach typisch peruanischer Küche zur folgenden, spontanen Begebenheit: Wir bauen einen „Watia“ (das ist „Quechua“ und bedeutet Erdofen).
Ein „Watia“, erklärt Gabriel uns feierlich und nicht ohne Stolz, ist eine große Tradition der andinen Bevölkerung. Tasächlich ist der Erdofen nichts weniger, als eine der ältesten Arten zu kochen. Noch bevor es Kochgeschirr gab, kochten die Ureinwohner Neuguineas und Neuseelands, die Beduinen in Nordafrika und die Menschen in den Anden im Erdofen.
Bevor es bei uns losgeht, hechten wir hinter Gabriel über den – glücklicherweise bereits einige Male mit mehr Ruhe erkundeten – Markt. Wir brauchen Gemüse, Baumtomaten und Avocado, vor allem aber Bohnen und natürlich verschiedenste Kartoffeln. 5 Sorten werden eingekauft, um uns klarzumachen, was Peru kartoffelmäßig auf Lager hat! Aber auch zur Knolle an anderer Stelle mehr.
Wir treffen Joshua und ein paar Freunde auf einer etwas oberhalb der Stadt gelegenen Wiese. Ausblick inklusive. Zutaten werden ausgepackt. Joshua schwingt die Spitzhacke und holt Erdklumpen um Erdklumpen aus der Wiese. Das Material für unseren Ofen. Ein anstrengendes Mis-en-plas.
Die Erdklumpen werden rund um eine nicht sehr tiefe Grube gestellt. Und langsam aber sicher, entsteht so etwas wie ein Iglu aus Lehm. Oben gibt es einen Kamin. Vorne eine Öffnung. Siehe oben. Darein kommen Holz und allerlei Geäst und nach einigen Mühen, brennt der Watia.
Wer denkt, die Arbeit wäre getan – weit gefehlt! Denn beim „Watia“ geht es nicht darum, im oder auf dem Feuer zu kochen. Dann wäre es ja kein Ofen. Der Clou beim „Watia“ ist, dass man zunächst wartet, bis die Lehmbrocken richtig aufgeheizt sind. Dann befüllt man den Ofen mit Gargut und haut ihn dann kaputt. Die heißen Steine fallen auf das Gargut, werden mit einer Lehmschicht versiegelt. Und so backen oder schmoren die Zutaten wie in einem Ofen vor sich hin. Am Ende öffnet man den Berg und voilà – das Essen ist fertig!
Doch eins nach dem anderen. Während unser „Watia“ aufheizt, nutzt eine Freundin von Joshua die Glut, um darin die Beilagen zuzubereiten: Strauchtomaten und Zwiebeln glühen ordentlich durch. Sie werden – wie unten zu sehen – zu leckeren Salsas verrührt. Als da wären: ein Baumtomatendipp mit Kräutersoße vom Markt und eine Salsa aus Avokado, gegrillter Zwiebel und Andenkäse.
Und jetzt? – Das große Finale! 1. Erdofen mit Kartoffeln füllen (unten in die Öffnung werfen), 2. Bohnen oben drauf und 3. den Erdofen umhauen. Von den Seiten wird ordentlich Erde auf den „Vulkan“ geschüppt. Die Glut in der Mitte soll schließlich Kartoffeln und Bohnen garen! Schwer vorstellbar. Aber beim peruanischen Nationalgericht „Pachamanca“ werden sogar verschiedene Fleischsorten auf diese Weise gegart: Kaninchen, Schwein und – ja – Meerschwein (letzteres gern im ganzen). Damit nicht alles voller Erde ist, wird das Fleisch dabei in Maisblätter eingepackt und lecker gewürzt. So gart es im eigenen Saft. Großartig! Unsere Einführungsveranstaltung bleibt heute aber vegetarisch und etwas erdig.
Irgendwann, die Sonne verzieht sich langsam und es wird frisch (zur Orientierung: es ist Herbst und wir befinden uns auf über 3000 Metern Höhe). Also, irgendwann am frühen Abend ist es dann soweit. Wir beginnen mit den Ausgrabungen. Und werden tatsächlich fündig:
Und siehe da: Alles noch da: bunte Kartoffeln verschiedenster Geschmacksrichtungen und Konsistenzen und Bohnen. Außen erdig, innen voller Aroma und Wärme. Charmant serviert auf einem Plastikdeckel. Was für ein Picknick! Einfach großartig! Nochmals danke an Gabriel, Joshua und alle Freunde, deren Namen wir leider nicht notiert hatten!